Zeichnen · Zeichen · Zeigen

Ben von Stietencron

Ben von Stietencron

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Nehmen wir einfach mal an ich wäre ein Raum, ohne Wände jetzt, aber eben eine bestimmte Koordinate, ein Ort. An diesem Ort kann sich heute dieses abspielen und morgen jenes. Heute wächst ein Baum, morgen wird er gefällt. An einem Tag wird dort ein Haus errichtet und ein paar hundert Jahre später kracht das alles wieder in sich zusammen. Dieser Prozess findet statt, jener Prozess findet statt. Aber ich, der Ort bleibe. Ein Ort ist aber eben kein Objekt sondern Medium oder Hintergrund, er ist transparent. Und genau aus diesem Grund kann ich mich als der Ort selbst nicht sehen. Sofern ich die Möglichkeit hätte die Geschehnisse die da stattfinden zu erinnern, wäre das erste, was ich von mir begreifen würde, das was da am Ort rumsteht, sich angesammelt hat und ein gewisses Aussehen hat, die Person.

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Also ersteinmal versuche ich mich loszulösen von dem was man in der Regel Absicht nennt. Also was fertiges Objekt im Kopf ist, was feste Vorstellung ist, von festen Formen. Ich versuche in einen mentalen Zustand zu gelangen der eben eher die Qualität eines Raumes hat. Ich stelle mich als Raum zur Verfügung, als Medium.

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Ich mache mich leer, entwickle eine Sensibilität für das Räumliche, das hat viel mit dem Spüren zutun, und dann warte ich darauf was in diesem Raum erscheint. Und das passiert dann. Daran partizipiere ich. Ohne, dass da etwas erscheinen würde, käme auch nichts zustande.

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Eine Bewegung, etwas das mir kommt. Also ich spüre einfach, dass ich zum Beispiel da eine gewisse Bewegung ausführen könnte, das fängt leise an und dann wird es immer spürbarer und ab einer gewissen Intensität führe ich dann diese Bewegung durch. Und dann ist da eben ein Baum gewachsen oder eine Kiste wurde da hingestellt oder ein Strich wurde gezogen an dem Ort. Und dann schau ich das an und untersuche das. Da ist ja jetzt etwas hinterlassen worden. Da ist jetzt was. Das sieht so und so aus. Es ist so und so konkret. Es hat eine unerwartete Qualität. Und das ist für mich viel stimmiger, als wenn ich das vorher schon so oder so will, also es läuft ja dann im weiteren Verlauf immer wieder in Gefahr, das da jetzt wieder etwas Vorherbestimmtes gemacht wird, das passiert mir immer wieder, und dann ist das Ganze auch schnell kaputt gewollt. Wenn ich dann meinen persönlichen Stempel da drauf drücke, das merke ich sofort. Und dann stimmt das eben nicht mehr so ganz für mich. Also man erkennt jetzt schon die Tendenz, und man kann das dann weiter bewegen.

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Ben von Stietencron, 2013